Christ-Sein

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Verantwortung leben...

 

Zukunft der Kirche

Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bad Salzuflen 1986
(EKD-Bericht über die 3. Tagung der 7. Synode, S.96f.; 281f.; 669; 692)

 

4. Rede zur Forderung eigenständiger Thematik:
"Gemeinsamkeit von Männern und Frauen in der Kirche"

Synodale Dr. Schuchardt: Herr Präses, liebe Synodale! Sie haben mir den Übergang leichtgemacht, die Versuchung war groß, nun auch noch zu Parallelstrukturen etwas zu sagen. Aber ich habe ja gelernt: Weniger ist mehr. Und wenn ich das eine will, muß ich das andere lassen. Damit möchte ich zu dem kommen, was Sie soeben angekündigt haben.
Das war neu für mich, und dafür möchte ich mich bei Ihnen, Herr Ratsvorsitzender, bedanken, daß Sie die Frage nach der Gemeinsamkeit von Männern und Frauen in der Kirche unter das Leitwort gestellt haben: »Zur gemeinsamen Verantwortung berufen«. Erinnern Sie noch Trier? Dort dankte ich dem scheidenden Ratsvorsitzenden dafür, daß er an uns Synodale appellierte, doch die ÖRK- und die EKD-Studie zu uns Frauen zu lesen. Immerhin rangierte sie unter der Fragestellung »Schwierige Themen in der Synode«.

Nicht nur, daß sie unter »Zur gemeinsamen Verantwortung berufen« steht, sondern wir haben zum ersten Mal drei Seiten im Ratsbericht, drei Minuten Vortragszeit dieser Fragestellung eingeräumt. Danke schön.

Bemerkenswert ist der Doppelaspekt herausgearbeitet worden. Es geht eben nicht nur um die Quotenregelung in den Ausschüssen, sondern es geht auch und viel mehr darum - Zitat des Ratsvorsitzenden -, »sich der Unruhe der Fragen auf allen Ebenen der Kirche auszusetzen, um zu einem tieferen Verständnis zu kommen«. Ich hätte lieber gesagt: »... der wechselseitigen Unruhe zu stellen.« Von daher möchte ich das Thema noch einmal vertiefen. Er hat nicht gesagt: Es geht nicht darum, Fähigkeit für diese Auseinandersetzung zu gewinnen, sondern es wurde die Bereitschaft deutlich - Richter würde sagen, sich der Krise zu stellen -, sich der Unruhe auszusetzen, wie es der Ratsvorsitzende sagte.

Deswegen möchte ich meine Anregung von Trier noch einmal aufgreifen und diesmal den Antrag stellen:

Die Synode möge im Verlauf der Synodalperiode eine eigenständige Synode zum Schwerpunktthema »Zur Gemeinsamkeit von Männern und Frauen« einberufen, um ein öffentliches Zeichen zu setzen für die Berufung zum gemeinsamen Zeugnis.

Der Ratsvorsitzende ergänzte: Können wir es uns leisten, auf die Gabe von Frauen zu verzichten? Er rückte damit sehr nahe an die bekanntgewordene UNESCO-Studie, die bereits 1981 von dem »vergeudeten Reichtum« gesprochen hat, heran. Sie ist zwischenzeitlich in alle Sprachen übersetzt. Und ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal an die zehnbändige Kennzeichenreihe»Frauen als Innovationsgruppe« erinnern – dieses schrecklich abstrakte Thema –, in der sehr konkret zur Hausfrauenarbeit – »weil nur zählt, was Geld einbringt«»zum Ehrenamt in der Kirche«, – »zu Frauen in der Ökumene«»Eva, wo bist Du?« – und anderes gesprochen worden ist, bereits 1973. Der erste Band hieß »Freunde in Christus werden – zur Gemeinsamkeit von Männern und Frauen«.

Schließlich erwähne ich als Mitglied des Bossey-Boards, daß wir im Ökumenischen Rat im Bossey-Institut letztes Jahr (1985) die erste Konferenz zu »Frauen in Führungspositionen« hatten.

Es ist viel angestoßen und angefangen. Aber ich möchte Sie bitten, zu überdenken, ob die Synode die Chance zur Zeichensetzung durch eine eigenständige Synode zu dieser Thematik nutzen kann. Danke.

5. Rede zur Forderung eigenständiger Thematik:
"Gemeinsamkeit von Männern und Frauen in der Kirche"

Synodale Dr. Schuchardt: Herr Präses, liebe Konsynodale! Das war heute morgen eine Überraschung für mich. Es war nicht nur ein Konsynodaler, sondern es waren zwei und auf dem Weg hierher noch zwei weitere, die sich selbst zum Anwalt des Themas zur Gemeinsamkeit von Männern und Frauen machten.

Ich möchte dazu gestehen, daß im Verlauf dieser Synode mehrere Konsynodale zu mir gekommen sind und gesagt haben: "Na, Frau Schuchardt, nun haben Sie Ihre Frauensynode ja schon gehabt." Es war äußerst eindrucksvoll, wie da die verschworene Gemeinschaft von sieben Frauen demonstrativ das Wort ergriff. - Kein Kommentar; aber ich denke, die Sprache macht den Menschen.

Es geht gerade nicht um eine Frauensynode, sondern um die Gemeinschaft von Frauen und Männern. Es geht gerade nicht um Demonstration, sondern um die Reflektion einer Gemeinschaft, die wir ja leben. Aber sie zu reflektieren bedeutet, durch diese Gemeinschaft wieder ansteckend für andere zu wirken.

Von daher möchte ich fairerweise auch sagen, daß manche, fast die gleiche Zahl, gekommen sind und gesagt haben: Entschuldigen Sie! Wir waren im Moment noch nicht soweit, dafür öffentlich zu plädieren. Aber wir denken auch so.

Von daher möchte ich meinen Antrag, den ich schon einmal gestellt habe, wiederholen. Es bleibt jetzt nur zu sagen, man möge den Beschluß für 1989 heute treffen. Ich denke, damit komme ich auch den Intentionen des Präsidiums entgegen. Ich habe sehr deutlich Ihre vorrangige Akzentsetzung für dieses Thema gehört, aber ich habe auch verstanden, daß Sie es nicht wagen, sich jetzt festzulegen, weil es schwierig ist, einen Beschluß zurückzunehmen.

Wäre es nicht denkbar und auch wieder ein Beispiel, das Schule machen könnte, zu sagen: Wir können ja auch Teilen praktizieren. Wenn uns die Aktualität eines Themas wirklich überrollen sollte, dann müssen wir doch wohl lernfähig und flexibel genug sein, die vorhandene Zeit angemessen zu teilen.

Wenn ich dennoch für eine frühzeitige, heutige Beschlußfassung plädiere, dann tue ich es eben wegen dieser langen Anlaufzeit. Der Ratsvorsitzende hatte gesagt: Es geht um die Bereitschaft, sich der wechselseitigen Unruhe auszusetzen. Dies würde durch eine Beschlußfassung beginnen, und ich denke, die Möglichkeit zum Teilen bleibt uns immer. Ich wiederhole also meinen Antrag:

Die Synode möge im Verlaufe dieser Synodalperiode eine eigenständige Tagung zum Schwerpunkttherna »Zur Gemeinschaft von Männern und Frauen« einberufen, um die Berufung zum gemeinsamen Zeugnis zu belegen.

Danke!


 

Ein Ergebnis der geforderten menschenwürdigeren Wahlordnung:

BESCHLUSS
der 7. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland
auf ihrer 3. Tagung
zur
Änderung der Geschäftsordnung der Synode
(§12 Wahl des Rates)

§12 der Geschäftsordnung der Synode wird wie folgt geändert:

  1. Absatz 2 Sätze 1 bis 3 enthalten folgende Fassung:
    »Der Ratswahlausschuß stellt einen Wahlvorschlag auf, der mehr Namen enthalten soll als Ratsmitglieder zu wählen sind. Der Präses soll den Wahlvorschlag zwei Wochen vor Beginn der Tagung an die Mitglieder der Synode und an die Kirchenkonferenz versenden. Der Ratswahlausschuß begründet seinen Vorschlag vor der Synode und der Kirchenkonferenz; die Wahl darf frühestens 24 Stunden danach beginnen.«
  2. Die bisherigen Sätze 3 bis 5 des Absatzes 2 werden Sätze 4 bis 6.
  3. In Absatz 3 Satz 6 2.Halbsatz werden die Worte »Absatz 2 Satz l« durch die Worte »Absatz 2 Satz 3« ersetzt.

Bad Salzuflen, den 6. November 1986

Der Präses der Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland
gez. Dr. Schmude


 

Ein Ergebnis der 5 Reden zur Forderung eigenständiger Thematik:

BESCHLUSS

der 7. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland
auf ihrer 3. Tagung
zur
Themenplanung

Im Verlauf dieser Synodalperiode, möglichst 1989, soll auf einer Synodaltagung das Schwerpunktthema (Arbeitstitel)

»Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche« behandelt werden.

Bad Salzuflen, den 6. November 1986

Der Präses der Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland
gez. Dr. Schmude