Christ-Sein

oikoumene

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Verantwortung leben...

 

Gottesdienst – Kirche als Lerngemeinschaft
und/oder
als Brunnenstube des Glaubens

Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Saarbrücken 1977
(EKD-Bericht über die 6. Tagung der 5. Synode, S.81-82)

 

Synodale Schuchardt: Ja, ich meine, ich mache es fest am Problem-Bereich Gottesdienst. Mein Problem ist eigentlich die Verarbeitung des heutigen Tages. Ich habe nicht "eine" sondern eigentlich "vier" Predigten gehört und jetzt um 20.30 Uhr dürfen wir selber reden!

Damit beziehe ich mich zuerst auf den Ratsbericht und die dort zitierte Abneigung gegen Angebote der Erwachsenenbildung. Meine Frage: Haben Methoden der Erwachsenenbildung überhaupt in unserer Synode schon Eingang gefunden? Wir wissen von der Lernpsychologie, Lerngewohnte können 60 Minuten konzentriert zuhören, Lernungewohnte 15 Minuten, wir aber müssen 8 Stunden zuhören!

Mein Antrag, ja, meine Bitte wäre zugleich mein Antrag, daß wir auch Synoden als methodisierbar erkennen, konkret, Berichte so einbringen, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Information und Interaktion besteht, die Berichte schriftlich vorliegen und die Referenten sozusagen Schneisen schlagen und problematisier ..., das Wort lieber nicht, sondern Fragestellungen aufwerfen und Konkretionen, mit denen wir dann arbeiten können.

Damit komme ich zum zweiten, Ratsbericht "Kirche als Lerngemeinschaft" oder "Gottesdienst als Brunnenstube". Verstehen Sie, mein Problem ist hier die Sprache. Alles, was hier gesagt wird, ist ja so richtig. Es sind zu viele Richtigkeiten für mich, und ich kann diese Richtigkeiten in meiner Sprache schwer mit Inhalt füllen. Wenn ich zuhöre, muß ich immer Übersetzungsarbeit leisten. Wenn Sprache das Sein in Bewußtsein umsetzt, finde ich meine Welt in dieser Sprache einfach nicht wieder. So möchte ich fragen: "Was" ist Lerngemeinschaft? "Wie" sieht die aus? So komme ich damit zu konkreten aktuellen Fragestellungen der Studenten-Gemeinde oder des Terrorismus. Ich habe immer denken müssen, waren wir in Freiburg nicht schon weiter, als wir von Kirche als Lerngemeinschaft sprachen?

Zum dritten heißt es im Ratsbericht, "die EKD sollte sich zum Gottesdienst äußern" und "es lohnte sich, Fantasie zu entwickeln". Da habe ich gedacht, warum nur äußern? Zunächst einmal Gottesdienste selbst gestalten! Oder ich habe nachgedacht über Fantasie entwickeln! Wo haben wir heute im Gottesdienst Fantasie entwickelt? Wo war da eine Einheit zwischen Theologen und Laien? Und weiter zur Sprache, in der Predigt heißt es: "Nicht wir müssen uns ändern, sondern Christus muß uns ändern!" Als Theologe gedacht, kann ich das verstehen. Aber in meine Sprache übersetzt, frage ich mich, verleitet das nicht zu sehr zur Passivität? Sonst hätte es in meiner Sprache deutlicher heißen müssen: Christsein fordert heraus zum Mut zur Entscheidung, zum Handeln, ja, auch zum Fehlermachen, und Christsein schenkt die Erfahrung, auch im Scheitern sind wir Angenommene! Und damit eigentlich zu dem, auch konkret festgemacht, an der Situation, ja, der Studentengemeinde: Kirche muß ein Lernfeld sein, in dem ich mich in meinen Fehlern als Angenommene erfahre! Und gerade, da ich das oft nicht mehr kann, frage ich mich mit dem Ratsvorsitzenden: Ist das nicht jene Wirklichkeit, die uns hindert, Gottesdienste noch zu besuchen oder besuchen zu können? Und darum meine Bitten: Sprecht eine Sprache nicht der Richtigkeiten, sondern der Konkretionen. Wahrheit ist für mich immer konkret!

Und die zweite Bitte: Bildet einen Ausschuß Gottesdienst im besonderen und im allgemeinen, der konkret die Fragestellungen Synode im allgemeinen wie der Bildungssynode im besonderen lebendig werden läßt als "gemeinsame" Aufgabe von Laien und Theologen.