Prof. Dr. Ulrich Becker, Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK), Genf, CH
In: Publikation des ÖRK, 1981
… eine aufregende und provozierende Lektüre … Von welcher Seite man das Buch auch angeht ... es macht betroffen, erschließt neue Dimensionen des Verstehens und Wege zur Praxis. Kann man sich von einer wissenschaftlich fundierten Studie etwas Besseres wünschen? ...
Rezension: Neue Dimension des Verstehens und Wege zur Praxis
Das Buch von Erika Schuchardt ist eine aufregende und provozierende Lektüre.
Es belegt, wie wenig die Sache der Behinderten Anspruch und Angebot für die ganze Kirche ist, für ihre Theologie und ihre Verkündigung, für ihr Gemeindeleben und ihre Seelsorge – trotz gegenteiliger Beteuerungen.
Es entwickelt in überzeugender Weise, dass die fast verlorene Dimension des menschlichen Begleitens ein not-wendiges Angebot zur Krisenverarbeitung für die Betroffenen ist; wobei dem christlichen Glauben eine besondere Rolle zufallen kann. Es macht klar, dass nicht so sehr die Behinderten das Problem der Nichtbehinderten sind, sondern dass es sich eher umgekehrt verhält: "Die Nichtbehinderten, 'Noch-Nichtbetroffenen’ werden ihnen zum Problem“.
Und es stellt nach der Analyse von theologischen Ansätzen, die Sinn-Angebote auf die Frage nach Ursprung und Sinn des Leidens ermitteln wollen, die bedrängende Frage: "Kann man eine Theologie des Leidens entwerfen, ohne die Beziehungsfähigkeit des Menschen als eine Gabe Gottes zu reflektieren?" Damit rührt die Verfasserin an die Wurzeln des Theologietreibens überhaupt.
Von welcher Seite man das Buch auch angeht, ob als Behinderter oder Nichtbehinderter, als Theologe oder als Laie – es macht betroffen und erschließt zugleich neue Dimensionen des Verstehens und Wege zur Praxis. Kann man sich von einer wissenschaftlich fundierten Studie etwas Besseres wünschen?