UNESCO

Gleichstellungspolitik in der Deutschen UNESCO-Kommission

Frauen in aller Welt

Prof. Dr. Erika Schuchardt, Universität Hannover, ist seit zwei Jahren 1. Vizepräsidentin der Deutschen UNESCOKommission (DUK). Sie wurde 1989 von der Hauptversammlung der DUK gewählt, nachdem sie zuvor vier Jahre als Mitglied in den Fachausschüssen "Sozialwissenschaften" und "Status der Frau" gearbeitet hatte.

Zum aktuellen Stand der Gleichstellungspolitik in der DUK legte sie der Hauptversammlung den folgenden Kurzbericht vor. Der dort erläuterte Resolutionsentwurf zur Gleichstellungspolitik wird auf der 26. Generalkonferenz der UNESCO vom 15. Oktober-7. November 1991 in Paris eingebracht werden.

Kurzbericht
auf der Hauptversammlung der DUK vom 18.-20.6.1991 in Braunschweig

"Ich begrüße die Chance, der Hauptversammlung der DUK berichten zu dürfen, tue das zugleich auch ausdrücklich im Namen des Präsidenten und des 2. Vizepräsidenten, da wir -und das ist eine positive, zukunftsweisende Veränderung in der DUK - als Präsidium gemeinsam die Verantwortung für die Gleichstellung von Männern und Frauen in der DUK übernommen haben. Berichten möchte ich zu drei Punkten: I. Veränderungen, II. Entwick-lungen, III. Prioritäten:

I. Veränderungen

Es ist Ihnen allen bekannt, daß im 3. MTP (Mittelfristiger Terminplan) 25 C/4 infolge der Strukturreformen der UNESCO das Hauptprogramm XIV gestrichen wurde und damit der Fachausschuß (FA)"Status der Frau" - der sich erstmals im 2. MTP 24 C/4 konstituierte und von 1983-1989 in 13 DUK Sitzungen komplementär zu den Fachausschüssen tagte - entfiel. Um dem Gleichstellungsaspekt dennoch Rechnung zu tragen, wurde die Konzeption der sogenannten Transversalen Themen "Women" und "Youth" geboren, mit der Möglichkeit, "Ad-hoc-Gruppensitzungen" einzuberufen.

Der interdisziplinäre Aspekt sollte verstärkt werden, indem die einzelnen FAe Beauftragte für das Transversale Thema Frauen benannten. Weiterhin blieb die Budgetierung in den einzelnen FachausschÜssen, finanzielle Mittel stehen für diese Aufgaben nicht zur Verfügung; das gilt auch für die Stelle der Frauen-Beauftragten "Co-ordinating Unit" in der UNESCO Paris (vgl. Synopse der Entwicklung der Gleichstellungspolitik). Jedermann weiß, daß Budget und Macht eng korrelieren. So mag das auch ein Grund dafür sein, daß die Stelle der Frauen-Beauftragten in Paris seit der Generalkonferenz unbesetzt ist und überdies während der kurzen Zeit ihres Bestehens - seit 1983 - nun schon zweimal von den Stelleninhaberinnen bald nach der Amtsübernahme bereits wieder zur Verfügung gestellt wurde. Daraus folgt eine zwangsläufige Vernachlässigung der Gleichstel-lungsthematik in der UNESCO.

Den empirischen Beleg dafür liefert die Statistik: Untersucht man/frau die Gleichstellungsfrage anhand des DUK-Zahlenspiegels einer Dekade von 1981 bis 1991 in bezug auf die Beteiligung von Frauen in Gremien, Ämtern, Funktionen (Stand 16.1.1991) der DUK, dann offenbaren sich Stagnation und Rückschritt; die Zahlen belegen: es hat sich nichts geändert. Außerdem: Gemessen an den zahllosen Appellen und auch der Einrichtung eines UNESCO-Hauptprogramms XIV "Status der Frau" von 1983-1989 ist die Stagnation sogar als Rückschritt zu interpretieren:

Beteiligung von Frauen in DUK-Gremien, -Ämtern, -Funktionen anhand des DUK-Zahlenspiegels der Dekade von 1981 bis 1991:

Gestatten Sie an dieser Stelle eine persönliche Bemerkung: Es ist kein Geheimnis, daß die Gleichstellungsfrage heute in aller Munde ist, daß "de jure" alle Voraussetzungen geschaffen sind, aber "de facto" die Umsetzung noch schwieriger geworden zu sein scheint - weil es niemand mehr hören will -, vergleichbar den Behindertenfragen nach dem Internationalen Jahr der Behinderten; ich brauche dazu nur an das uns alle unangenehm überraschende Wahlergebnis der letzten Hauptversammlung zu erinnern, das keine einzige der nominierten Frauen auswies.

Studien des DJI

Die Ergebnisse eines DJI-Familiensurveys zeigen: Je höher das Bildungsniveau, desto höher der Anteil von Müttern, die während unterschiedlicher Phasen des Familienzyklus erwerbstätig sind.

Das DJI startet eine qualltative Längsschnittstudie über die Lebensentwürfe und Lebenszusammen-hänge von Frauen zwischen 20 und 30.

Deutsches Jugendinstitut München

II. Entwicklungen

Vor dem Hintergrund dieser nicht zufriedenstellenden Situation hat die DUK drei Akzente gesetzt.

1. Das Präsidium als Ganzes will mit der Wahrnehmung seiner gemeinsamen Verantwortung unterstreichen, daß die Verwirklichung der Gleichstellung sowohl eine gemeinsame Aufgabe von Männern und Frauen als auch eine interdisziplinäre ist.

2. Die Fachausschüsse haben Beauftragte ernannt, die - wenn auch aus Kostengründen bisher nur einmal - Gelegenheit haben sollen, sich in einer Ad-hoc-Sitzung zu treffen.

3. Die DUK hat gemeinsam mit der Österreichischen UNESCO-Kommission (ÖUK) die Initiative ergriffen, Vertreter der UNESCO-Mitgliedsstaaten zu einem Arbeitstreffen während der 35. Sitzung der Frauenrechtskommis-sion der UNO im Internationalen Zentrum Wien am 5./6. März 1991 einzuladen, um Schritte zur Verbesserung der Gleichstellungsfrage in der UNESCO abzu-sprechen.

4. Es sei erwähnt, daß die Friedrich-Ebert-Stiftung im Ge-sprächskreis Frauenpolitik ge-meinsam mit der DUK zum Tagungsthema "Die Frau in der kulturellen Entwicklung" eingeladen hat (leider ohne jede finanzi-elle - auch nicht symbolische - Unterstützung seitens der DUK).

III. Perspektiven

Priorität sollte m. E. der Ausbau eines besseren Netzwerkes haben: Zur Verbesserung der Gesamtsituation der UNESCO bei der Wahrnehmung der Gleichstellungsfragen wurde darum von mir ein erster Resolutionsentwurf zur Verbesserung der "Struktur" erarbeitet, der zwischenzeitlich in mehreren Gremien - u. a. in einem Gespräch in Wien auf Einladung der Österreichischen UNESCO-Kommission am Rande der Frauenrechts-Kommissionssitzung - diskutiert und sowohl an die Beauftragten in Paris als auch an die Mitgliedsstaaten der UNESCO zur Stellungnahme weitergegeben wurde; er umfaßt sechs Punkte.

1. Zur Verdeutlichung der Aufgabe soll anstelle des Begriffs "Women" (Frauen) die Gemeinsamkeit der Verantwortung durch den Begriff "Equality" (Gleichstellung) unterstrichen werden.

"Deutschland -
Einig Mutterland?"

Mit der Situation der Frauen in den neuen und alten Bundesländern setzen sich zwei Broschüren detailliert auseinander: "Deutschland - Einig Mutterland?" lautet der Titel der Brennpunkt Dokumentation Nr. 10, die von der Stiftung Mitarbeit (Bornheimer Straße 37, 5300 Bonn 1) herausgegeben wurde.

"Nach der Vereinigung Deutschlands: Frauen fordern ihr Recht" heißt eine Broschüre der Friedrich-Ebert-Stiftung, in der ein umfassender Überblick über die Entwicklung von Frauenrechten in den beiden deutschen Staaten gegeben wird. Darüber hinaus werden Ansatzpunkte für notwendige rechtliche Schritte im Gesamtdeutschland diskutiert.

2. Zur Sicherung der Umsetzung soll für die Mitgliedsstaaten über die Nationalen Kommissionen eine Berichtspflicht eingeführt werden.

3. Des weiteren soll zur Benennung einer Person, möglicherweise zur Einrichtung einer Stelle, aufgefordert werden.

4. Die Gleichstellungsbeauftragte bei der UNESCO Paris soll beauftragt werden, Richtlinien für die Erstellung Nationaler Berichte und Kriterien für die Evaluation (Auswertung) zu erarbeiten.

5. Der Gleichstellungsstelle sollen neben ihren personellen und finanziellen Mitteln auch erforderliche Befugnisse eingeräumt werden.

6. Appell an die Mitgliedsländer zur intensiven Umsetzung.

Zwischenzeitlich hat sich der Generalsekretär nach Abschluß der Fachausschußrunde im Juni 1991 des Resolutionsentwurfes angenommen und ihn - entsprechend seiner Erfahrung bezüglich der Umsetzbarkeit - primär in eine "Programm-Resolution" umgewandelt und erweitert. Da die Beauftragten für Gleichstellungsfragen noch nicht zusammentreffen konnten, steht die Diskussion noch aus. Zur Klärung steht noch an, ob durch ein einzubauendes Vetorecht der Gleichstellungsbeauftragten doch noch eine Strukturverbesserung zu erreichen wäre. Geplant ist für 1993 zur nachhaltigeren Umsetzung der Gleichstellung ein Europäisches oder gar Internationales Seminar.

Die zuständige Expertin im Sekretariat der UNESCO Paris hat wissen lassen, daß sie für die Initiativen der DUK außerordentlich dankbar ist und sie in jedem Aspekt unterstützt - insbesondere auch die Forderungen der Resolution -, finanziell jedoch keine"Möglichkeiten hat."